
Erst vor Kurzem war das Team von MyBookFair in der Litera Buchhandlung zu Gast. Das Ladengeschäft befindet sich im Herzen von Kiel (Holtenauer Straße 55, Kiel) und überzeugt bereits auf den ersten Blick. Im Gespräch mit Andrea Engels, der Inhaberin des kleinen, ästhetischen Ladens, wurden die Besonderheiten in ihrem Geschäft, als auch die Relevanz von Buchcovern, die Bedeutsamkeit von Alleinstellungsmerkmalen aber auch Eselsohren thematisiert.
Viele kleine Buchläden zeichnen sich besonders anhand ihrer Inhaber aus. Wer diese sind und wie sie zum Beruf gekommen sind, prägt maßgeblich das Bild und oft auch das Sortiment einer Buchhandlung.
MyBookFair:
Frau Engels:
“Bücher transportieren Inhalte. Man kann Menschen für Kultur, für Bücher, für Literatur begeistern. Das finde ich das wirklich Bemerkenswerte an diesem Beruf.“
MyBookFair:
“Und Sie haben ja auch ein spezielles Sortiment, dass Sie auch auswählen. Können Sie vielleicht sagen, was das Sortiment in Ihrer Buchhandlung besonders auszeichnet?“
Frau Engels:
“Dass es wirklich ein Sortiment ist. Also das ist ja das, was man landläufig unter einer Sortimentsbuchhändlerin versteht, dass sie auswählt. Aus 80.000 bis 90.000 Neuerscheinungen pro Jahr muss man zwangsläufig auswählen. Das muss jede Buchhandlung machen. Ich muss noch ein bisschen mehr auswählen, weil ich im Moment nur 20 m² habe. (…) Das macht einfach Freude. Für den Punkt auszusuchen; und nicht so das große Ganze erst mal einzukaufen und dann zu gucken. Sondern gezielt für mich, für meine Kundinnen und Kunden einzukaufen. Um präsentieren und dann eben auch empfehlen zu können.“
MyBookFair:
“Vielleicht noch eine Frage zu Ihrem persönlichen Geschmack. Wir sehen hier, wie schön alles bei Ihnen hergerichtet ist. Wie stehen Sie zu dem Thema Taschenbuch/gebundenes Buch und darf man Eselsohren machen, um sich eine Seite zu merken?“
Frau Engels:
“Wenn Sie es weit weg von mir machen, dann dürfen Sie das gerne tun. Ich möchte es nur nicht mit angucken müssen. (lacht) Aber zwischen gebundenen Büchern und Taschenbüchern mache ich jetzt gar nicht so einen Unterschied. Es ist das Buch. Also erst einmal ist es der Inhalt. Wenn das dann auch noch äußerlich schön aussieht und gut wirkt und sich gut anfühlt und haptisch ein Erlebnis ist, dann ist es ein wunderbares Buch. Dann passt es auch sehr gut hier rein.“
MyBookFair:
“Bezüglich dem, was Sie bereits haben anklingen lassen, dass „das Cover für Sie so eine große Bedeutung hat“. Können Sie da erläutern: Was macht ein gutes Buchcover aus?“
Frau Engels:
“Es muss mich ansprechen. Es darf mich nicht abschrecken. Also diese zwei Pole gibt es. Alles dazwischen ist ok, aber im glücklichsten Falle vermittelt das Cover mir eine Lust auf den Inhalt und im schlimmsten Fall macht es genau das Gegenteil.“


MyBookFair:
“Alle Bücher – wenn man bei Ihnen hereinkommt – unterstützen die kunstvolle Innenarchitektur, die Sie hier haben. Das ist auch eine Kunst an sich, die Bücher so anzurichten.“
Frau Engels:
“Also, was ich sehe, muss mir Laune machen, muss mir Spaß machen. (…) wenn ich Cover nach Autorenalphabet nebeneinanderlege, dann wird das manchmal richtig schlimm. Das müssen große Buchhandlungen machen, weil die Kolleginnen, die Kollegen sonst nie irgendwas wieder finden würden, wenn jeder das so dekorieren würde, wie es ihm Spaß macht. Aber ich habe die Freiheit, hier das einfach so zu machen, dass meine Kunden auch immer sagen: „Das ist so appetitlich hier bei Ihnen.”.“
MyBookFair:
“Was würden Sie denn sagen (…) was macht Ihre Buchhandlungen zudem noch so besonders?“
Frau Engels:
“Es gibt auch noch den Weinbereich. Das ist die Philosophie beim Start von Litera gewesen, vor 17 Jahren. Die Genüsse – Literatur lesen und Wein genießen – zu verbinden. Deswegen auch z.B. Portweine. Das sind keine Weine, die man jetzt flaschenweise trinkt; sondern sich mit einem schönen Buch ein kleines Gläschen Portwein zu gönnen, das ist einfach ein Genuss für mich. (…) Die einen Kunden nutzen nur den Weinbereich, die anderen nur den Buchbereich. Das ist also jedem überlassen, ob er das kombiniert oder ob er sich für eine der Sachen entscheidet.“
“Eine weitere Besonderheit ist auch, dass ich auf dieser kleinen Fläche hier Lesungen gemacht habe. Das waren dann ungefähr 35 bis 38 Gäste plus einen Autor oder eine Autorin. Mit denen war immer abgesprochen „Fühlen Sie sich hier wohl?“, (lacht) weil, man kommt seinem Publikum hier auf dieser kleinen Fläche sehr nah. Alle haben gesagt: „Super, ja, machen wir gerne!“. Sie sind zum Teil auch mehrfach wieder gekommen.“
MyBookFair:
“Noch mal zum Wein: Wie kann man sich das vorstellen – empfehlen Sie den Wein je nach Inhalt eines Buches? Oder ist es mehr so, dass Sie einfach guten Wein aussuchen und das von der Buchberatung unabhängig ist?“
Frau Engels:
“Ich glaube, es ist eine Mischung aus allem. Wenn jetzt jemand ein schönes Buch kauft, das ich kenne und ich damit eine bestimmte Stimmung verbinde, und dieser Mensch vielleicht auch. Dann würde ich jetzt vielleicht nicht unbedingt – wie Sie sagten – einen Portwein oder Landwein oder irgendwas kombinieren, was in dem Buch vorkommt, sondern ich würde denken „Heute, zu dem Buch, an dem Wochenende, passt eigentlich ein weißer Port, oder es passt ein frischer Vinho Verde, oder es muss ein richtig schwerer Rotwein dazu“. So empfehle ich sowas, aber das kann sich beim nächsten Menschen der reinkommt, der sich vielleicht für dasselbe Buch entscheidet, schon ein ganz anderer Wein sein. Also, das ist immer eine sehr spontane Mischung – auch aus dem Gespräch, dass ich dann mit dieser Person führe.“


MyBookFair:
“Kommen Sie dann auch manchmal an den Punkt, wo Sie den Kund*innen, die sehr interessiert am Wein sind, auch sagen, dass man ab einer gewissen Dosis Wein nicht mehr ganz alles aus dem Buch versteht?“
Frau Engels:
“(lacht) Also ich verkaufe am liebsten Einzelflaschen, und ich glaube, dass die Gefahr, dass man da so viel von trinkt, dass man nicht mehr versteht, was man sich da eigentlich an schöner Literatur gekauft hat (…) Nein, es soll ja – wie ich eingangs bereits gesagt habe – ein Genuss sein; und Genuss hat immer auch etwas mit einer Reduzierung der Menge, sowohl beim Lesen als auch beim Trinken, zu tun.“
MyBookFair:
“Jetzt ist Ihre Buchhandlung auch im Moment im Wandel. Wenn wir das richtig verstanden haben, dann wollen Sie in Zukunft den Fokus noch mehr auf die Literatur legen? Mehr Bücher und weniger Wein, ist das richtig?“
Frau Engels:
“Richtig. Das ist einfach auch so eine Entwicklung. Zu sagen: „Ich möchte einfach noch mehr Platz für schöne Bücher haben und im Weinbereich reduzieren“. (…) Das ist eben auch der Vorteil einer kleinen Buchhandlung, dass man viel spontan ändern kann.“
MyBookFair:
“Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für kleine Buchläden in der Zukunft?“
Frau Engels:
“Ich glaube, eine große Herausforderung war es schon immer, sich zu positionieren und sich zu unterscheiden. Also für die Kunden auch ein ganz klares Profil zu haben. Es gibt Läden, die bieten alles an: von Kinderbüchern über Lernhilfen… Das gesamte Spektrum des Buchmarktes. Das mache ich ganz bewusst nicht (…) ich glaube, womit alle Buchhandlungen punkten können, ist eine ganz klare Positionierung, ein ganz klares Profil zu haben und damit gut zu beraten. Seine Kunden, seine Kundinnen zu kennen. Das ist, glaube ich, das Wichtigste.“


MyBookFair:
“Das war ein spannender und guter Schlusspunkt. Das Alleinstellungsmerkmal zu finden als Ziel des kleinen Ladengeschäfts. Die Litera Buchhandlung in Kiel hat das auf jeden Fall geschafft. Frau Engels, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.“
Frau Engels:
“Sehr gerne! Danke Ihnen für diesen Besuch.“